BRIEF #98
Liebe S., Dein A.
Liebe S.,
nachdem ich Deinen letzten Brief gelesen hatte, musste ich einmal mehr an Willy Loman denken.
Er ist die zentrale Figur in einem Theaterstück von Arthur Miller, das im Jahr 1949 am Broadway in New York uraufgeführt wurde.
Loman ist ein alternder und glückloser Verkäufer, der sich in Lebenslügen verfangen hat und am Ende keinen anderen Ausweg als den Tod sieht. Ausbleibender Erfolg und nicht zu besiegende Ideale haben ihn zermürbt. Falsche Vergleiche, verendete Träume und das zerbrochene Vertrauen seines Sohnes ihm schließlich allen Mut genommen.
Arthur Miller zeichnete den beklemmenden Aufriss eines einsamen Strebens und Lebens. Und eines unvermeidbaren Todes.
1985 wurde die Geschichte von Volker Schlöndorff mit einem großartigen Dustin Hoffmann in der Hauptrolle verfilmt. Ich war noch Schüler als ich die Adoption des Bühnenstücks zum ersten Mal gesehen habe und es mit Willy Loman zu tun bekam. Seitdem ist er immer in der Nähe geblieben.
In meinem Bücherregal steht, seit einer gefühlten Ewigkeit, in vorderster Platzierung eine Reclam-Ausgabe des Klassikers. Das Büchlein ist komplett mit transparentem Klebeband eingetaped, so dass es nicht mehr zu öffnen ist. Wann ich das getan habe, ist für mich nicht mehr nachzuvollziehen. Und warum? Sicher ist nur, dass der Stoff für mich zu allen Zeiten sehr bewegend war.
Das Drama trägt den Titel ‚Tod eines Handlungsreisenden‘. Death of a Salesman. Es wird seit 75 Jahren weltweit gesehen und gelesen. Und es ist so aktuell wie ehedem.
Hier und heute,
Dein A.
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