Brief #78
Liebe S., Dein A.
Liebe S.,
nun ist Ostern auch schon wieder vorbei. Tatsächlich haben wir beide uns am Gründonnerstag mal wieder gesehen, was für eine Freude. Und ich habe an den Feiertagen das ein ums andere Mal an Deinen letzten Brief gedacht. Den Osterbrief.
Ich habe einen anderen Zugang zum kirchlichen Treiben als Du. Ich habe einen Glauben weil ich glauben will. Und besuche gerne Gottesdienste, allerdings so gut wie nie.
Am Karfreitag in der Früh habe ich mir, als alle noch schliefen, die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach zu Gemüte geführt. Unter meinem Kopfhörer war ich ganz für mich und in der Musik. Ein Werk von dramatische Kraft. Die Instrumentierung, die Gesänge, die Worte. Verrat, Kreuzigung, Auferstehung. Schmerzen und Demütigung, Resignation und Trauer, Hoffnung und Zuversicht. Leben und Tod. Die Geschichten, die die Religion zu erzählen hat, sprechen mich an. Diese Osterbotschaft ist wohl die gewaltigste unter ihnen.
Ich habe die Passion schon oft gehört, allein zuhause oder in einem vollbesetzten Kirchenschiff. Und ich werde mich immer und immer wieder darauf einlassen. Wohl auch weil ich mich gern an Ritualen festhalte.
Am Ostersonntag war ich dann beim Fußball. Auch irgendwie religiös. Soll ich Dir sagen, warum die Leute ins Stadion gehen? Weil sie nicht wissen, wie’s ausgeht.
In diesem Sinne,
ganz verbunden und hoffentlich zuversichtlich,
Dein A.
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