BRIEF #77
Lieber A., Deine S.
Lieber A.,
ich liege in den so genannten Startlöchern und freue mich auf die bevorstehenden Ostertage: Endlich frei, endlich Ruhe, endlich Frühling. Das verbinde ich mit Ostern. Dann gibts noch die Eier, das Bemalen, Auspusten, die daraus erwachsende Deko und den Hasen. Und dann gibt da noch diese Auferstehung, von der alle reden? Und den Mond? Außerdem feiern wir Ostern in diesem Jahr Ende März, in einem anderen Jahr Mitte April. Für mich, als nicht konfessionell gebundene und geschulte Person ist das alles verwirrend!
Und für Dich?
Ich habe mich nun informiert, lieber A. und kann berichten, dasss die Osterzeit bis Pfingsten andauert und auch Christi Himmelfahrt irgendwie da mit drinhängt. Wir sprechen hier von beweglichen Feiertagen. Das klingt gut und die sind schon sehr lange sehr beweglich.
Die Kirche hat nämlich bereits im 4. Jahrhundert festgelegt, dass Ostern auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang fällt. Ostern kann somit zwischen dem 22. März und dem 25. April gefeiert werden.
Palmsonntag ist der Sonntag vor Ostern. Das Neue Testament berichtet, dass Jesus an diesem Tag auf einem Esel in Jerusalem eingeritten sein soll. Die Bevölkerung, die in ihm den erwarteten Messias sah, begrüßte ihn, legte Klamotten, Palm- und Ölbaumzweige quasi als "roten Teppich" für ihn auf die Straßen. Am Gründonnerstag fand dann das letzte Abendmahl statt, von dem Jesus erst später wußte, dass es sein Letztes war. Er fiel nämlich nach dem Essen im Garten seinen Verfolgern in die Hände, weil Judas ihn für Geld und durch einen Kuss verraten hatte.
Übrigens, lieber A., es ist doch kein Wunder, dass das Privatfernsehen aus dieser Story ein Riesenevent bereitet. Da ist jetzt schon irgendwie alles drin – Frauenrollen vielleicht nicht, aber erstmal weiter in der Geschichte! Jesus wird also dem römischen Statthalter, Pontius Pilatus, gegenübergestellt, zum Tode verurteilt und auf dem Hügel Golgatha am Freitag an das Kreuz genagelt. Karfreitags werden um 15 Uhr Gottesdienste abgehalten, da das der Todeszeitpunkt gewesen sein soll. Am Samstag ist dann erstmal Ruhe und in der Nacht zum Sonntag wird die Osternacht gefeiert. Am Ostersonntag – jetzt kommts! – feiern Christen die Auferstehung Jesu und den Sieg des Lebens über den Tod. Jetzt kommen auch die Frauen ins Bild: Maria Magdalena und eine weitere Frau namens Maria kamen dann zum Grab, genau in dem Moment, als ein Engel den Stein, mit dem das Grab verschlossen war, zur Seite wälzte. Der Engel verkündete, dass Jesus nicht hier, sondern auferstanden sei. Als die Frauen sich auf den Weg machten, um den Jüngern davon zu berichten, begegneten sie dem auferstandenen Jesus. Ostern ist das höchste Fest der Christen, denn die Auferstehung Jesu begründet den Glauben an ein Leben nach dem Tod. Um es zu Ende zu erzählen, war Jesus dann also in dieser anderen Form 40 Tage lang mit seinen Jüngern unterwegs, dann packte ihn eine Wolke und schwups war er im Himmel: Christi Himmelfahrt.
Was ich Dir damit eigentlich sagen will ist, dass ich nicht im Glauben stehe, aber diese Auferstehungsgeschichte schon sehr faszinierend auf mich wirkt. Ich transformiere sie lediglich dahin, dass in jedem Jahr der Frühling aufs Neue kommt. So kaputt die Natur auch ist, so viele Konflikte wir als Menschen auch austragen, der Frühling kommt und dies stimmt mich hoffnungsvoll.
Menschen verraten sich, glauben an Dinge oder eben nicht, suchen einen Retter oder lehnen ihn ab, töten und liebe sich – und egal wo wir stehen, der Frühling wird kommen.
Ich schicke Dir also optimistische Grüße
Deine S.
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