BRIEF #25
Lieber A, Deine S
Lieber A.,
du bist vielleicht in Frankreich auf deiner Reise, von der du im letzten Brief so schön geschrieben hast?
Bilder des Krieges hast du mit deinem letzten Brief vor meinem geistigen Auge auftauchen lassen.
Bilder, die ich alle - zum großen Glück - nur medial vermittelt bekommen habe.
Bilder der Gewalt und des Todes. Im Krieg wird gestorben. Menschen töten Menschen.
Ich erinnerte plötzlich die reale Situation, in der meine Tochter mich eines nachmittags unvermittelt fragte, was die Todesstrafe sei?
Sie war vielleicht 8 Jahre alt. Ich konnte nicht ausweichen. Ich versuchte also behutsam eine Antwort zu formulieren.
Meine Tochter sah mich mit großen Augen an, sie blintzelte nicht ein einziges mal, als sie mir zuhörte und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Sie sagte nicht viel, als sie meine Antwort gehört hatte, stand auf und kletterte auf meinen Schoß und schluchzte.
Und dann fragte sie: "Aber warum?"
Ich bin ihr eine Antwort schuldig geblieben. "Aber warum?" frage ich mich oft. Warum kommen Menschen auf derartige Ideen? Warum gibt es noch immer Krieg?
Warum sind zivilisatorische Leistungen nicht nachhaltig, global und so intelligent, dass wir in Frieden miteinander auskommen?
Aus dem warum, wird mehr. Werden Fragen an mich laut.
Wie viele Kriege für ich? Im Inneren mit mir? Mit anderen? Bin ich ein friedlicher Mensch?
Aber warum bleibt.
Ich schicke dir Grüße.
Pass auf dich auf.
Deine
S.
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