BRIEF #105
Liebe S., Deine A.
Liebe S.,
Dein Brief über die Kunst der Kunst, Glück und Kraft und Hoffnung stiften zu können, hat mir aus dem Herzen gesprochen.
Gleich habe ich beim Lesen daran gedacht, wie mir der Sinn für die Kunst in jungen Jahren eben in Deinem Elternhaus begegnet ist und mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. So darf auch ich Deiner Mutter und Deinem Vater für das Nahebringen und die Inspiration ein Leben lang dankbar sein.
Seit meine Kinder laufen können, versuche ich in diesem Sinne, ihnen Kunst selbstverständlich werden zu lassen. Wie viele Ausstellungen wir schon gemeinsam erlebt haben. Das ist nicht nur schön und gut, es ist mir wichtig. Zu allen Jahreszeiten. Aber vielleicht gerade besonders in den tristen Wochen des Herbstes. Im Totenmonat November, in dem die Gläubigen beider christlichen Konfessionen ihrer Verstorbenen gedenken. So viel Auftrieb gibt es auf dem Friedhof sonst nie.
Du hast geschildert, wie raumgreifend die Tristesse sich auslassen kann. Und ich kann Dich gut verstehen. So denke ich, dass wir am Wochenende Deinen Rat beherzigen werden und raus gehen und rein in eines der fabelhaften Museen hier am Oberrhein.
Dieser Tage habe ich mich mit meiner kleinen Tochter über Bücher und Musik und Filme ausgetauscht. Wir haben festgemacht, wie wichtig sie uns beiden sind. 6 Jahre ist sie inzwischen jung. Und tatsächlich unterhalte ich mich derzeit mit niemand so gerne über das Lebens und die Dinge, die es ausmacht, wie mit ihr. Was für eine Kraftquelle.
Vergangene Nacht lag sie neben mir. Ihr Atmen hat mich beruhigt. Für einen wertvollen Moment waren alle Sorgen und Zweifel und Ängste wie weggeblasen.
Herbstlich,
Dein A.
PS.: Hör Dir mal ‚Musées et cimitières‘ von Bertrand Burgalat an.
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Ein fiktionalisierter Briefwechsel über den Tod und das Sterben von Andreas Kaufmann und Sabrina Zwach