Liebe S.,

es geht um einen Leichnam. Aber es geht um viel mehr.

Alexei Nawalny ist unter ungeklärten Umständen und plötzlich in einem russischen Straflager gestorben. Schließlich und endlich muss man sagen, weil das ganze Prozedere der Inhaftierung, der Verurteilung und der Isolierung am Polarkreis seitens des russischen Machthabers einzig darauf ausgerichtet war, den lautesten und unbeugsamsten Kritiker seines Regimes zu beseitigen. Mundtot zu machen. Tot zu machen. Putin und seine Schergen haben nun auch dieses Blut an den Händen. Darauf kommt es nun auch nicht mehr an, ist man fast versucht zu denken.

Nun aber geht es um den leblosen Körper. Dieser ist seit Tagen unter Verschluß. Weder die Mutter noch der Anwalt des Verstorbenen haben Zugang zur Leiche. Ganz klar ist weiterhin nicht wo die sterblichen Überreste überhaupt sind. Die Inszenierung des Kremels sieht eine eingehende Untersuchung der Todesumstände vor. Dabei wird Zeit gewonnen.

Aber dieses Schauspiel ist vor allem eine letzte Demütigung des toten Feindes und seiner Angehörigen, seiner Unterstützer und auch der Elenden in der westlichen Demokratien. Ein Leichnam wird zum Symbol. Immerhin erfunden hat Putin dieses letzte aller dreckigen Mittel nicht.

Das Gute ist : Alles Schlechte wird untergehen. So war es immer wieder.

Aber das große Elend, das bis zum Ende angerichtet wurde, hört nie auf, zu wirken. Und es wird wieder neue Herrscher geben, solange sich die Welt dreht.

Jedenfalls wird aus dem verstorbenen Nawalny nimmermehr ‚a schöne Leich‘.

Unruhig,

Dein A.

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