BRIEF #48
Liebe S, Dein A
Liebe S.,
tatsächlich beschäftige ich mich reichlich mit dem Tod. Er hat sich seinen Platz geschaffen bei vielem was ich tue und womöglich noch tun werde. Bei meiner Hospizarbeit etwa. Bei allen Fragen, auf die nach dem Tod meines Vaters Antworten zu finden sind. Und nicht zuletzt in unserem Briefwechsel, der mir so wertvoll ist.
Aber da geht es meist um den Tod der Anderen. Oder ?
Auf der einen Seite meines Daseins die Auseinandersetzung mit dem Ende, auf der anderen tobt das bunte Leben mit meinen beiden kleinen Kindern, noch Anfänge gewissermaßen.
Dazwischen ich und das Alter, das nicht lügt. Und die Zeit, die vergeht.
Ich habe angefangen, etwas für meine Töchter aufzuschreiben. Für den Fall, wenn ich einmal nicht mehr bin. Wenn ich ihnen nichts mehr sagen kann. Wenn ich nicht mehr helfen kann. Wenn ich nicht mehr auf sie aufpassen darf. Immer reißt es Menschen jäh aus dem Leben, ohne Vorwarnung, ohne Sinn. Zu sicher sollte man sich am Ende nicht sein.
Ich versuche, das Bisschen, das ich gesammelt habe, in Form zu bringen. Die Erfahrungen, die Sehnsüchte, auch die Brüche. Was ich gut gemacht habe. Und was nicht. Ich versuche Ihnen aufzuzeigen was Freundschaften bedeuten. Und wie wichtig die Familie ist. Vor wem oder was man sich hüten sollten und wo man Möglichkeiten sehen kann. Warum ich der war, der ich war. Und wie sie die werden können, die sie sind. Wenn ich nur wüßte, worauf es kommt, würde ich sie auch das wissen lassen. Vielleicht bin ich nicht der beste Ratgeber. Aber ich bin einer, der es gut meint.
Ob ich einen roten Faden finde für diese Niederschrift ? Und ob ich damit auf einen Punkt komme ? Das werden wir erst hinterher wissen.
Nur muss ich entweder schnell schreiben oder alt genug werden.
Nachdenklich. Meistens.
Dein A.
Vorheriger Brief:
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Briefe vom Anfang über das Ende
- Andreas Kaufmann
- Sabrina Zwach
- Luise Wilhelm
Ein fiktionalisierter Briefwechsel über den Tod und das Sterben von Andreas Kaufmann und Sabrina Zwach