Lieber A.,

in der letzten Woche war ich bei einem Bestatter und habe mir verschiedene Urnenformen angesehen.

Ich hänge Dir ein Foto an, damit Du Dir die Kollektion besser vorstellen kannst. Offensichtlich ist die Urne ein Produkt, was nicht vor Moden und zeitgeistlichen Einflüssen geschützt ist, so dass ich davon abgesehen habe, mir eine zu reservieren.

Urnen Kollektion

Auf den Reservierungsgedanken bin ich überhaupt erst gekommen, da meine Schwiegereltern sich zu Lebzeiten beim heimischen Tischler ihre Särge haben bauen lassen. Einfache Holzkisten sollten es sein. Die Kiste meines Schwiegervaters war ein wenig breiter und das Holz ein wenig hochwertiger, die meiner Schwiegermutter war eine schlanke rechteckige Holzkiste. Beide solide und schlicht. Die beiden Särge standen fertig getischlert im Keller meiner Schwiegereltern. Bei jedem Gang, um Wein zu holen oder Wäsche zu waschen musste ich - musste jeder - an den Särgen vorbei. Memento mori. Der Sarg meines Schwiegervater wurde zuerst gebraucht. Als er starb und wir den Bestatter wenig später am Tisch sitzen hatte, guckte der ziemlich geknickt, weil der Sarg bereits vorhanden war. Als meine Schwiegermutter verstarb, wußte der Bestatter schon Bescheid: In der Familie ist nichts zu holen. 

Genau heute vor einem Jahr ist sie gestorben, meine Schwiegermutter und wenn sie auch schon seit einem Jahr nicht mehr hier ist, ist sie auch nicht fort. Diesen Prozess des sich Entfernens veruche ich zu verstehen. Das Wegsein ist für mich nicht zu begreifen. Du weißt, dass ich nicht an einen Gott glaube, bin ich aber gläubig, wenn ich an die Idee der Seele glaube? Wenn meine Seele das immatrielle Gegenstück zu meinem Körper ist, bin ich dann gläubig? Gibt es Menschen die per se nicht an die Existenz der Seele glauben? Weißt du das?

Ich schicke Dir viele Grüße.

Pass auf dich auf!

S.

Vorheriger Brief

BRIEF #07

Nächster Brief

BRIEF #09