BRIEF #116
Lieber A., Deine S.

Lieber A.,
vor Kurzem habe ich den folgenden Satz gelesen:
"Einsamkeit ist schlimmer, als gestorben zu sein!"
und er begleitet mich seit Tagen. Immer wieder habe ich den Satz wiederholt und ihn eingeladen, sich in meinem Kopf nieder zu lassen.
Alleinsein und Einsamkeit sind verschiedene Paar Schuhe. Ich bin irre gerne alleine und fühle mich selten einsam.
Wenn ich mich einsam fühle, ist es unvergleichbar anders, schwer zu ertragen. Die Sinnfrage steht dann auch gleich groß und sperrig im Kopf-Raum.
Und so frage ich mich, ob wir als soziale Wesen ein Leben in Gesellschaft brauchen, um ein gutes, ein zufriedenes, ein gelungenes Leben zu leben?
Also: Können wir gar nicht anders oder gehen wir ein, wenn wir zu viel alleine sind?
Und klar; in allen Kontexten – von der Arbeitswelt über den Kunst- oder Kulturgenuss bis zum Alltag, in dem wir einfkaufen, zum Elternabend gehen müssen, essengehen, Sport treiben, einen Arztbesuch erledigen – sind wir unter Leuten. Wir sind also faktisch selten allein, können uns aber in all diesen Situationen einsam fühlen.
So weit ich weiß, sind mehr Menschen weltweit vom Gefühl der Einsamkeit betroffen, die wenig verdienen. Geld hängt dann doch irgendwann mit dem Gefühl, glücklich oder zufrieden zu sein, zusammen und das ist traurig. Das ist falsch. Geld ist allerdings auch kein Garant, sich nicht einsam zu fühlen. Es ist eben alles kompliziert...geworden...oder war es immer so?
Unser Jahrzehnt wird jedenfalls von manchen als Zeitalter der Einsamkeit bezeichnet. Die Pandemie und die Digitalisierung haben uns ordentlich in den Seelenfrieden reingefunkt.
Jedenfalls tut mir der Austausch mit Dir gut und nimmt mir den leisesten Anflug von Einsamkeit.
Ich danke Dir dafür.
Und: Jede und jeder, der unsere Briefe liest, kann jederzeit einsteigen und uns schreiben.
Es tut gut! Jeder Brief ist eine kleine Umarmung!
Pass auf dich auf
Deine S.
Vorheriger Brief:
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Briefe vom Anfang über das Ende
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- Luise Wilhelm
Ein fiktionalisierter Briefwechsel über den Tod und das Sterben von Andreas Kaufmann und Sabrina Zwach
